Antichrist – Film von Lars von Trier

Lars von Trier hat keine guten Nachrichten. Gott ist tot, die Liebe ist eine Illusion, die Frauen sind teuflisch und die Natur ist böse. Es gibt keine Hoffnung, der Schrecken ist allgegenwärtig und am Ende wartet die totale Auslöschung. Wellness-Kino als Zeitvertreib hat von Trier nie gemacht. Sein Film Antichrist unternimmt den alchemistischen Versuch die Vergänglichkeit des Lebens zu besiegen. Ein Paar, das den Tod des eigenen Kindes betrauert, reist zur Krisenbewältigung in die Abgeschiedenheit einer Berghütte. Umgeben von Stille, dunklem Wald und allerlei Getier fallen beide dem Wahnsinn anheim. Lars von Trier zeigt das Innenleben seiner Protagonisten als unumkehrbare Transformation in ein sinnentleertes Dasein, das nur noch den Horror der Leere kennt. Charlotte Gainsbourgs (Foto) und Willem Dafoes Darstellungskunst gehen dabei weit über die routinierte und professionelle Schauspielerei hinaus. Die Versehrtheit der Figuren kann nicht besser gespielt werden. Von Triers Darstellung roher Sexualität und schockierender Gewalt sind in der Gesichte des Kinos nicht neu, man denke hier nur an Marco Ferreris Film L’ultima donna/La dernière femme von 1976, an dessen Schluss Gérard Depardieu sich selbst kastriert oder an Bertrand Bliers Film Les Valseuses von 1974, in dem sich Jeanne Moreau mit einem Schuss in den Unterleib selbst tötet. Die beunruhigende Trostlosigkeit des Films erinnert gelegentlich an Twentynine Palms von Bruno Dumont. Von Trier geht allerdings einen Schritt weiter. Er schickt den Zuschauer in ein gnadenloses Purgatorium ohne Aussicht auf Erlösung oder Gnade. Für von Trier sind Menschen armselige Geschöpfe, die einsamen Tieren gleich durch eine öde Welt streifen. Das von Trier Strindberg, Nietzsche und Andrei Tarkowski bewundert, merkt man dem Film in jeder Szene an. Antichrist ist weder Schockkino noch Horrorfilm, es ist von Triers aussichtsloser Versuch, die Angst des Menschen vor dem Tod zu sublimieren. Doch der Katholik von Trier weiß auch, das wir nicht entkommen können. Chaos regiert! (f)