NARCO CULTURA – Krieg als Popkultur

Der mexikanische Fotograf Enrique Metinides fotografierte seine erste Leiche als kleiner Junge. Metinides fotojournalistische Arbeit aus mehr als dreißig Jahren sind harter Stoff: Katastrophen, Mord und Totschlag. Heute herrscht in einigen Gebieten Mexikos ein innerstaatlicher Krieg, den der Staat nicht mehr gewinnen kann. Gut organisierte und mit modernster Waffentechnik ausgerüstete Drogenkartelle haben das Land fest im Griff. Die paramilitärischen Einheiten der Kartelle sind in ihrer Brutalität unübertroffen. Tausende tote Polizisten und ca. 50 000 Opfer bis Ende 2011. Dieser innerstaatliche Krieg gehört in Mexiko und auch im Süden der USA mittlerweile zur Popkultur. Über diese Narco Cultura hat der israelische Fotograf Shaul Schwarz einen Dokumentarfilm gedreht. Schwarz war schon vorher als Fotograf mehrere Jahre in Mexiko und fotografierte den Drogenkrieg. Sein Film zeigt eine bizarre Wirklichkeit. Da singt trinkendes Partyvolk in einem Club:“Wir sind blutdurstig, durchgeknallt und lieben es zu morden.“ Eine Frau beweint ihren bei lebendigem Leib enthaupteten und zerstückelten Sohn. Doch wer hier denkt, die Welt sei aus den Fugen, der irrt. Nicht nur die Musiker der Narcocorridos verherrlichen diese Drogenkultur, auch große Teile der Menschen bewundern den Erfolg der Dealer und Schmuggler. Die Drogenkultur Mexikos erbringt mehr als die Sklaverei als Tagelöhner und ist zu einer Art Gegenkultur geworden. Diese eindeutige Lektion des freien Marktes hat in Mexiko der letzte Strauchdieb begriffen. Shaul Schwarz zeigt uns in drastischen Bildern, das Mord und Totschlag in der entsolidarisierten Gesellschaft auch nur zugespitzte Marktwirtschaft ist. (f)