• Von der sympathischen Gutenberg-Galaxis Marshall McLuhans bis in die Medien-Kolonien der Dummheit war es eine kurze Reise. Am Ende dieser Entwicklung sind die Medien heute Blödmaschinen, die unentwegt Stupidität produzieren. Markus Metz und Georg Seeßlen ist es in ihrem Buch Blödmaschinen gelungen, die Codes ebendieser zu entschlüsseln. Für die Autoren reicht es nicht aus nur in das Lamento von der Zunahme der allgemeinen Verblödung einzustimmen. Die von Neil Postman beklagte Infantilisierung der Gesellschaft findet zwar permanent statt, doch das eigentliche Problem an der Blödheit sehen die Autoren woanders. Für sie gilt: Blödheit ist Dummheit plus Benommenheit. Blödmaschinen können überall sein, sie sind ein exponentielles Phänomen. Die Medien, hier vor allem das Fernsehen, sind zur reinen Arschlochkultur verkommen. Volksverdummung ist zu einer prosperierenden Industrie geworden, Das Fernsehen, “dieses Medium der Schläfrigen“, wie Martin Walser das einmal nannte, dient nur noch der Idiotisierung und Alarmierung der Massen. Selbst die durch Zwangsgebühren finanzierten „öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten“ (Georg Schramm) ARD und ZDF befinden sich im freien Fall. An der „emotionalen Pissrinne“ (Schramm) von Shows wie Kerner, Beckmann oder den unsäglichen Politikquasselrunden wie Anne Will, Maischberger oder Maybritt Illner wird die offene Gesellschaft nur simuliert und den Zuschauern Sand in die Augen gestreut. Dass man in seichten Gewässern nicht untergehen kann, wusste schon der damalige RTL-Chef Thoma. Die dargebotene Obszönität, die unglaubliche Vulgarität und die sinnfreie Primitivität dieses Betäubungsfernsehens kennt keine Grenzen. Unentwegt werden die Sinne des Zuschauers mit immer geschmackloserem Bildermüll bombardiert. Täglich befeuern neue Formate und Sendeformen die kollektive Erregung. Jede noch so derbe Schrulle, jede noch so niedere Einfallslosigkeit wird gesendet. Dieses Asozialen-TV und Affekt- oder Unterschichtenfernsehen ist zu einer bizarren Manipulation unserer Alltagswirklichkeit herangewachsen. Die „universalisierte Geschmacklosigkeit“, wie das der Philosoph Norbert Bolz nennt, hat sich wie eine unheilbare Krankheit ausgebreitet. Auf allen Kanälen überwiegend Stumpfsinn, läppischer Pipifax und hirnloser Kokolores. Ernsthaftigkeit wird verhöhnt, Inhalte negiert. Zwischen all den grenzdebilen Kochshows, sezierenden Pathologen und brutal werkelnden Heimwerkern gibt es keine Verschnaufpause. Die Autoren wissen das Medien nicht mehr Weinberge des Geistes sind, sondern Bergwerke der Dummheit. Neben den platten Wirklichkeiten der Fernsehwelt existieren noch andere Blödzonen. Soziale Netzwerke wie Facebook sind der Inbegriff epidemischer Dummheit. Facebook ist der Gulag eskapistischer „Mitteilungsinkontinenz“ (Botho Strauß), dort verstärkt sich die Dummheit in Form des „erbrochenen Alltags“ (Strauß). Der Medienkapitalismus hat eine überhitzte und orientierungslose Mediengesellschaft erschaffen, die ausschließlich auf Blödheit und Benommenheit abzielt. Die Verbreitung struktureller Blödheit ist politisch gewollt, denn das Hauptziel der weltweiten Tittytainment-Strategie ist die Unterdrückung der Massen durch Unterhaltung. Schon Seneca wusste, wer überall ist, ist nirgendwo. (fk)

  • Das Gespenst
    Joseph Vogel

    Der Urvater der Volkswirtschaftslehre, Adam Smith, schrieb in seinem Werk Theorie der moralischen Empfindungen: „Keine Gesellschaft kann gedeihen und glücklich sein, in der der weitaus größte Teil ihrer Mitglieder arm und elend ist“. Respekt und Wohlwollen für den Anderen hielt Smith für die Grundlage der Moral und den inneren Antrieb zur Arbeit. Seine Ideen vom Wohlstand der Nationen, die auch immer den Wohlstand des Einzelnen bedeuten, sind heute lange überholt und weltweit korrumpiert. Das elementare Heilversprechen der Wirtschaft, das durch die Verfolgung privater Wirtschaftsinteressen auch immer das Gemeinwohl profitiert, hat sich als Trugschluss und Zerrbild erwiesen. Heute gilt eher der Satz des bedeutenden Ökonomen John Maynard Keynes, der feststellte: „ Der Kapitalismus basiert auf der merkwürdigen Überzeugung, dass widerwärtige Menschen aus widerwärtigen Motiven irgendwie für das allgemeine Wohl sorgen werden.” Smith und Keynes sind lange tot, ihre Ideen ebenso. Als Moralphilosoph wäre Smith sicher entsetzt. Er sehe heute schlimme Dinge. Der digitale Finanzkapitalismus hat aus den Gesellschaften plutokratische Oligarchien werden lassen, die Kriege um Ressourcen und Märkte sind voll entbrannt. Der „Schock-Kapitalismus“ und sein „brutales Konzept“, wie die kanadische Autorin Naomi Klein das nennt, sind mittlerweile in jedem Dorf angekommen. Überall feiert der „Turbokapitalismus“ (Helmut Schmidt) Siegeszüge und teilt die westliche Welt sozialpolitisch nach dem Muster Bagdads in „grüne“ und „rote“ Zonen. Laut dem UNO-Bevölkerungsprogramm UNFPA wird es ab 2008 erstmals auf der Erde mehr Stadtbewohner als Landbewohner geben. Der „Planetarisierungsstress“ (Peter Sloterdijk) hat jede Hütte erreicht. Ob ethnische oder soziale Segregation in westlichen Metropolen oder die Verwerfungen in vielen Teilen der dritten Welt, all das sind nur Blaupausen für kommende Erschütterungen. Die Brasilianisierung des Westens, wie der Soziologe Ulrich Beck diese Umwälzungen nennt, schreitet unaufhörlich voran. „Es wird immer deutlicher: Weniger persönlicher Reichtum als vielmehr die Konzentration von finanzieller Verfügungsmacht und massenpsychologischer Einflussmacht in relativ wenigen Händen entwickelt sich zu einer ernsten Gefahr für eine offene Gesellschaft.“ So schrieb Helmut Schmidt schon im Jahr 2003 in seinem bemerkenswerten Essay “Das Gesetz des Dschungels“. Was Jeremy Rifkin den Hyperkapitalismus nennt, gehört heute unvermeidbar zur Lebenswirklichkeit der meisten Menschen. Die totale Ökonomisierung von Lebensraum und Lebenswirklichkeit ist zu einem Zustand der permanenten Mobilmachung geworden. Der aus dieser Mobilmachung resultierende „flexible Mensch“ (Richard Sennett) lebt in einer Welt der totalen Unrast und der steten Veränderung, Die Hochgeschwindigkeit dieses digitalen Kapitalismus verwüstet die bestehende Ordnung und ruiniert die Sozialgemeinschaft. Für die meisten Menschen in diesen modernen „Arbeit- und Unglückswelten“ (Sloterdijk) existiert nur noch Gegenwart. Es gibt keine planbare Zukunft mehr, das Kommende birgt unkalkulierbare Risiken. Dieser beschleunigte „Drift“ (Sennett) wird durch das „ungeduldige Kapital“ (Brennett Harrison) verursacht. Der wahnhafte Glaube an die schnellen Renditen und die maßlose Gier nach Expansion stellt die Prinzipien unserer Gesellschaften in Frage. Der Dramatiker Heiner Müller bezweifelte schon vor Jahren, dass wir in einer Demokratie leben. Die Bundesrepublik war für ihn eine Oligarchie, in der „Wenige von den Vielen“ leben. Für den Eliteforscher Michael Hartmann gehören die Mächtigen der Wirtschaft einer elitären und geschlossenen Gesellschaft an. Der Hyperkapitalismus hat Strukturen geschaffen, die unaufhörlich eine „militante Unterklasse von Ausgegrenzten und Aussteigern, die das Tempo nicht mithalten können oder wollen“ (Peter Glotz) produziert. Die „Kulturkämpfe um die richtige Lebensführung“ (Glotz) sind in vollem Gange. Kritiker und Gegner dieser Survival of the Fittest -Welt werden von den Apologeten des radikalen Marktes oft als Antikapitalisten und Kommunisten denunziert. Diesem Unsinn hat der Kulturwissenschaftler Joseph Vogl mit seinem Essay Das Gespenst des Kapitals nun ein Ende bereitet. In seinem Text werden die Strukturen des kapitalistischen Denkens über die Jahrhunderte bis heute entzaubert. Eine wahre Tour de force durch die Geschichte der Ökonomie. Am Ende wartet die Erkenntnis, dass „totalisierter Wettbewerb zum Verfall von Gesellschaften führt“. Und der Alp wird nicht enden. (fk)

  • David Lynch, Filmemacher– F.Giebichenstein

    David Lynch ist der einzige Regisseur, bei dem man nach dem Abspann nicht aufstehen mag. Man bleibt sitzen, als hätte man gerade einen Unfall überlebt, den man selbst verschuldet hat. Peter Greenaway nennt ihn den bedeutendsten nordamerikanischen Filmemacher überhaupt. Stanley Kubrick sagte, Eraserhead sei der einzige Film eines anderen Regisseurs, bei dem er selbst gern Regie geführt hätte. Beide übertreiben nicht. Lynch hat die Bilderwelten des 20. und 21. Jahrhunderts so gründlich kontaminiert, dass heute kein Werbespot, kein Musikvideo und keine Abschlussarbeit an deutschen Filmhochschulen ohne sein giftiges Erbe auskommt. Und doch bleibt er ein Fremdkörper im System Hollywood: kommerziell meist ein Misserfolg, künstlerisch ein Erdbeben.
    Man nennt ihn oft Surrealisten. Das ist nur die halbe Wahrheit. Buñuel und Godard mögen Vorläufer sein, aber Lynch ist kein Traumdeuter – er ist ein Irrealist. Jean Cocteau hat es einmal so gesagt: Das Irreale folgt strengeren Gesetzen als der Realismus, weil es die Gewohnheit nicht auf seiner Seite hat. Deshalb verlangt es außerordentliche Genauigkeit im kleinsten Detail. Genau diese Genauigkeit ist Lynchs Obsession. Er filmt wie ein Maler, der jeden Pinselstrich dreimal überlegt, und er tönt wie ein Komponist, der weiß, dass ein falscher Akkord die ganze Hölle zerstört.
    Amerika kommt bei Lynch nicht gut weg. Bis auf die beiden Ausnahmen Der Elefantenmensch und Eine wahre Geschichte ist sein Amerika eine posthumane Kloake, in der Sozialdarwinismus und natürliche Auslese regieren. Der amerikanische Traum ist nur noch Alptraum. Seine Figuren sind umherirrende Verzweifelte, deren Schicksale sich in der Weite dieses monströsen Landes verflüchtigen. Nach einem Lynch kann man nicht einfach ins Bett gehen, genauso wenig wie nach einer Wagner-Inszenierung. Die Bilder, die Musik, das Gesehene wirken nach wie ein Fieberschub.

    Eraserhead, 1980, F.Giebichenstein

    Gewalt
    Die Kritik wirft ihm seit jeher die Ästhetisierung der Gewalt vor. Der Vorwurf ist berechtigt und gleichzeitig komplett daneben. Denn die Gewalt bei Lynch hat mit der von Scorsese, Tarantino oder Michael Mann nichts zu tun.
    Scorsese und Tarantino sind Kolonialwarenhändler in Sachen Film. Sie inszenieren zeitgenössische Western, in denen Probleme immer noch am O.K. Corral gelöst werden. Ihre Gangster sind zynische, kalte Rebellen, die sich gegen die moderne Welt auflehnen und dabei doch nur die alten Mythen recyceln. Ihre Gewalt ist Event, Feuerwerk, mit fetzigen Schlagern unterlegt, letztlich Unterhaltung. Lynch zeigt Gewalt als wesensimmanent und verschüttet. Seine Psychopathen – Frank Booth, Bobby Peru, Mister Eddy – sind keine Gangster, sondern Freaks, die die Mechanismen ihrer Umwelt nicht begreifen. Sie sind in die Welt geworfene Geschöpfe, die nur Zerstörung bringen können, weil sie selbst zerstört wurden. Deshalb ekelt einen Lynchs Gewalt an, während man bei Tarantino applaudiert. Lynch sucht noch nach Sinn, wo die anderen längst aufgegeben haben.

    David Lynch, F.Giebichenstein

    Vom Kurzfilm zum Albtraum

    Geboren 1946 in Missoula, Montana, als Sohn eines Forstwissenschaftlers, zog Lynch als Kind ständig um – eine ruhelose Kindheit, die sich später in der Dynamik seiner Filme spiegeln sollte. Über Malerei, Fotografie und Animation fand er 1977 mit Eraserhead zum Kino. Der Film, fünf Jahre lang in Nachtarbeit gedreht, ist ein schwarzes Loch aus Industrierauschen und deformierten Babys. Henry Spencer lebt in einer Welt aus Dampf, Schlamm und einem nie verstummenden Grundton, der einem die Schädeldecke hebt. Das Baby – eine Art lebendiger Darm mit Lammkopf – ist bis heute eine der verstörendsten Kreaturen der Filmgeschichte. Eraserhead ist kein Film, sondern eine Erfahrung. Ein ästhetischer Schock, wie Antonin Artaud ihn forderte.

    Mel Brooks sah den Film und engagierte Lynch sofort für Der Elefantenmensch (1980). Ein klassisch erzählter Film, acht Oscar-Nominierungen, und doch schon erkennbar Lynch: die deformierte Schönheit, die Liebe im Abgrund.

    Dann kam Dune (1984) – ein Auftragswerk, das Lynch hasste und das die Kritik bei Erscheinen zerriss. Heute wird der Film langsam als barockes Meisterwerk rehabilitiert, aber Lynch distanzierte sich zeitlebens. Der wahre Lynch begann erst danach.

    Der Elefantenmensch, 1980 – FG

    Blue Velvet (1986)
    Die Kamera fährt ins Gras, ins Ohr, in die Dunkelheit. Lumberton, scheinbar idyllische Kleinstadt, weiße Gartenzäune, Feuerwehrkapelle. Und darunter: Frank Booth, verkörpert von einem entfesselten Dennis Hopper, der Lachgas schnüffelt und „In Dreams“ brüllt, während er vergewaltigt. Lynch zeigt den Einbruch des Bösen ins Normale. Die Gewalt ist nicht cool, sie ist ekelhaft intim. Das abgeschnittene Ohr im Gras ist das Tor zur Hölle, und wir kriechen freiwillig hinein.
    Wild at Heart (1990) gewann in Cannes die Goldene Palme, Twin Peaks (1990–91 plus Fire Walk with Me 1992) wurde zur Popkultur-Besessenheit. Doch der radikalste Bruch kam 1997.

    Die Kammern des Todes, F. Giebichenstein

    Lost Highway

    Zeit und Raum werden zur Möbiusschleife. Fred Madison verwandelt sich in Pete Dayton, oder auch nicht. Anfang und Ende sind dasselbe Band, das sich selbst frisst. Anders als Tarantino, der in Pulp Fiction nur Kulissen schiebt und Applaus will, operiert Lynch hier am offenen Gehirn des Zuschauers. Es gibt kein Entrinnen. Der Film ist ein geschlossener Kosmos aus Neon, Rauschen und Identitätsverlust – Vorläufer von Mulholland Drive.

    Killerbob, Twinpeaks 1990 – F. Giebichenstein

    Mulholland Drive (2001)

    Ursprünglich Pilot für eine Serie, dann zum Film umgebaut, ist Mulholland Drive Lynchs Meisterstück. Hollywood als Traumfabrik, die Träume frisst. Die ersten zwei Drittel sind ein strahlender Albtraum in Pastell, das letzte Drittel die gnadenlose Abrechnung. Wieder Identitätsverlust, wieder Möbiusschleife, wieder das Gefühl, dass hinter der Fassade nur Leere ist. Cannes-Preis für die beste Regie 2001, völlig verdient.

    Amerika, F. Giebichenstein

    Inland Empire (2006)

    Drei Stunden mit billiger Digitalkamera gedreht, ein fiebriger Fiebertraum über Schauspiel, Identität und polnische Hasen-Sitcoms. Lynch ließ sich treiben – und nahm uns mit in den Abgrund. Sein letzter Kinofilm, danach kam nur noch die dritte Staffel Twin Peaks (2017), die alles vorherige in den Schatten stellte.

    David Lynch, Dennis Hopper, F. Giebichenstein

    Klangwelten
    Man kann Lynch nicht denken ohne Angelo Badalamenti. Seit Blue Velvet sind sie unzertrennlich. Badalamenti vertonte fast alles (nur Eraserhead nicht), und zusammen mit Tondesigner Alan Splet schufen sie eine Klangwelt, die wichtiger ist als die Bilder. Das tiefe, bedrohliche Rauschen, das durch fast jeden Film zieht – mal wie ein Herzschlag, mal wie ein außerirdischer Sturm. Feuer, Neonlicht und dieses Rauschen sind die heilige Dreifaltigkeit Lynchs. Dazu die Songs: „In Dreams“, „Blue Velvet“, „Llorando“ – immer leicht verstimmt, immer entfremdet. Lynch benutzt Pop nicht, um cool zu sein, sondern um Entfremdung zu zeigen. Die Menschen in seinen Filmen kennen die Schönheit der Musik nicht mehr, sie kennen nur noch ihre Parodie.

    Der Wüstenplanet, 1984 – F. Giebichenstein

    Fazit
    Lynch zeigt uns das Leben in all seiner kreatürlichen Armseligkeit und Brutalität. Seine Protagonisten sind Reisende nach Eleusis, die nie ankommen. Es gibt nichts Rettendes, keine Erlösung, keine Gnade. Nur das neonfarbene Kulissen, in denen sich das Grauen ausbreitet wie ein Ölteppich. Und doch ist genau das seine Größe. Lynch ist gefährlich, denn nach Cocteau ist alles Geniale gefährlich. Er zwingt uns, in den Abgrund zu schauen – und festzustellen, dass der Abgrund zurückschaut – und dabei „Blue Velvet“ summt.
    Seine Bilder sind voller Symbole, aus denen sich das Phantastische seinen Weg bahnt. Diese Symbole sind voller Tod, Hässlichkeit und Trostlosigkeit. Und trotzdem kann man nicht wegsehen. Denn irgendwo, ganz tief unter dem Rauschen, flackert noch etwas, das fast wie Hoffnung aussieht. Aber nur fast.

    Eeaserhead, 1980 – F. Giebichenstein

    Literaturverzeichnis
    Cocteau, Jean: Kino und Poesie, Ausgewählt von Klaus Eder. Carl Hanser Verlag München 1979Tarkowskij, Andrej: Die versiegelte Zeit, Ullstein Verlag , Berlin 1984
    Müller, Heiner: Krieg ohne Schlacht – Leben in zwei Diktaturen Kiepenheuer & Witsch, Köln 1992
    Georg Seeßlen: Der Asphalt Dschungel –Mythologie des Gangster-Films Rowohlt Verlag, Hamburg 1977
    Sloterdijk, Peter: Weltfremdheit Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1993
    Fischer, Robert: David Lynch – Die dunkle Seite der Seele Wilhelm Heyne Verlag, München 1992

  • Kubrick
    Stanley Kubrick

    Schon Adorno wusste, dass die Popkultur Massenbetrug ist und die Kulturindustrie das Publikum mit “trivialen, oberflächlichen Nichtigkeiten” abspeist. Das Filmregisseure wie Quentin Tarantino (Inglourious Basterds) heute als Maßstab cineastischen Ausdrucks gelten, ist ein Indiz dafür, dass wir in der postdemokratischen Gesellschaft (Colin Crouch) angekommen sind. Quentin Tarantinos Filme sind postdemokratischer Eskapismus und sein massenkompatibles Effektkino wird vom hysterischen Blockbusterpublikum unserer Zeit kritiklos goutiert. Tarantinos Bilder sind reiner Bluff, seine emotional leeren Filme erzeugen einen Zustand geistloser Coolness, der in der ausgemendelten, kapitalistischen Effizienzwelt als hip gilt. Tarantino liefert Bilder, wie Toyota Autos baut. Sein Erfolgsgeheimnis ist, dass er Inhalte und Substanz negiert und Tiefe verabscheut. Tarantino kann nicht tief, er lebt vom Niedergang der Kultur.

    Die Bildsprache von Regisseuren wie Hitchcock, Kurosawa, Kubrick (Foto)oder Tarkowski ist dagegen wahrhaft genuin, denn sie werden von den Schätzen tausend Jahre alter Kulturen getragen. Tarantinos Bilder werden durch nichts getragen, er produziert visuellen Quaksprech (Orwell) und verliert sich in infantiler Regression. Sein Kino ist immer eklektisch. Er kannibalisiert, plündert und verhackstückt die Filmgeschichte gnadenlos. Als Kopist des Bestehenden wird er zum Totengräber der Filmkunst. Seine Filme sind nur Strandgut einer überhitzten und desorientierten Mediengesellschaft. Regisseuren wie David Lynch oder Peter Greenaway können Tarantino nicht das Wasser reichen. Ihre Substanz ist die Musik, Malerei und Literatur, sie schöpfen aus anderen Quellen. Tarantino hingegen entweiht das Kino, weil er im Kern banal ist. Aus der Banalität aber resultiert nichts anderes als die Unterdrückung der Massen durch Unterhaltung. Statt seelischer Erhebung oder Erkenntnis findet man bei Tarantino nur Destruktion und Stumpfsinn. Der eigentliche Skandal am neuen Film von Tarantino ist nicht, das er ein historisch ernsthaftes Thema wie den Nationalsozialismus als Kulisse für seine Unterhaltungsklamotte missbraucht, sondern dass diese Kumpanei aus unzureichender Darstellungskunst und Amüsierfaschismus (Peter Sloterdijk) mit 6,8 Millionen Euro “stupid german money” vom Deutschen Filmförderfonds subventioniert wurde. Keinen Euro davon war der Film wert. (fk)

  • Ines Zimmermann

    Schon die Fotografin Helga Paris setzte mit ihrem Bildband “Diva in Grau” der Stadt Halle ein fotografisches Denkmal. Diese Aufnahmen sind unvergessen und gehören zweifelsfrei zu den großen Schätzen der deutschen Fotografie. Ein ebenso großer und beachtlicher Wurf gelang der Fotografin und Künstlerin Ines Zimmermann. Ihr Bildband “Gesichter meiner Stadt” ist fotografisch ein absolutes Rarrisimum. Neben dem außerordentlich hohen dokumentarischen Wert des Bandes ist es der Künstlerin gelungen, Fotografien von einzigartiger Tiefe und unverstellter Schönheit zu schaffen. Schon als Kind fotografierte die gebürtige Hallenserin ihre Stadt und begleitete über Jahre den städtebaulichen Wandel mit der Kamera. Vor allem das Verschwinden der historischen Bausubstanz interessierte die Fotografin. Die Vielzahl der Häuser und Bauten, die ihre Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeigen, existieren heute nicht mehr. Der oft willkürlich motivierte Abriss alter Fachwerkbauten hat das Gesicht der Stadt Halle unwiderruflich verändert. Der Fotografin ist es zu verdanken, dass mit ihren Aufnahmen eine Vorstellung des Vergangenen bewahrt wurde. Reizvoll ist auch die literarische Qualität der Aufnahmen. Die phantastische und dunkle Aura, die den Aufnahmen innewohnt, vermitteln einen starken Eindruck dessen, was fotografische Kunst in ihrer reinsten Form leisten kann. Bilder wie “Luckengasse (1993)” oder “Mansfelder Straße I bis 3 bei Nacht (1987)” erinnern an Meisterwerke eines Ed van de Elsken (Amsterdam, 1925) oder Karl Hugo Schmölz (Blick vom Kölner Dom auf den Wallrafplatz, 1946) und stehen diesen an Ausdruckskraft in nichts nach. Über den Szenerien dieser Schwarz-Weiß-Aufnahmen liegt ein Schleier der Melancholie, der lang im Geiste des Betrachters nachwirkt. Die fotografische Großartigkeit dieser Bilder wird bleiben. Dem Mitteldeutschen Verlag gebührt Dank, dass er solche Bücher möglich macht.

    (fk)

  • Antichrist
    Charlotte Gainsbourgs

    Lars von Trier hat keine guten Nachrichten. Gott ist tot, die Liebe ist eine Illusion, die Frauen sind teuflisch und die Natur ist böse. Es gibt keine Hoffnung, der Schrecken ist allgegenwärtig und am Ende wartet die totale Auslöschung. Wellness-Kino als Zeitvertreib hat von Trier nie gemacht. Sein Film Antichrist unternimmt den alchemistischen Versuch, die Vergänglichkeit des Lebens zu besiegen. Ein Paar, das den Tod des eigenen Kindes betrauert, reist zur Krisenbewältigung in die Abgeschiedenheit einer Berghütte. Umgeben von Stille, dunklem Wald und allerlei Getier fallen beide dem Wahnsinn anheim. Lars von Trier zeigt das Innenleben seiner Protagonisten als unumkehrbare Transformation in ein sinnentleertes Dasein, das nur noch den Horror der Leere kennt. Charlotte Gainsbourgs (Foto) und Willem Dafoes Darstellungskunst gehen dabei weit über die routinierte und professionelle Schauspielerei hinaus. Die Versehrtheit der Figuren kann nicht besser gespielt werden. Von Triers Darstellung roher Sexualität und schockierender Gewalt sind in der Gesichte des Kinos nicht neu, man denke hier nur an Marco Ferreris Film L’ultima donna/La dernière femme von 1976, an dessen Schluss Gérard Depardieu sich selbst kastriert oder an Bertrand Bliers Film Les Valseuses von 1974, in dem sich Jeanne Moreau mit einem Schuss in den Unterleib selbst tötet. Die beunruhigende Trostlosigkeit des Films erinnert gelegentlich an Twentynine Palms von Bruno Dumont. Von Trier geht allerdings einen Schritt weiter. Er schickt den Zuschauer in ein gnadenloses Purgatorium ohne Aussicht auf Erlösung oder Gnade. Für von Trier sind Menschen armselige Geschöpfe, die einsamen Tieren gleich durch eine öde Welt streifen. Das von Trier Strindberg, Nietzsche und Andrei Tarkowski bewundert, merkt man dem Film in jeder Szene an. Antichrist ist weder Schockkino noch Horrorfilm, es ist von Triers aussichtsloser Versuch, die Angst des Menschen vor dem Tod zu sublimieren. Doch der Katholik von Trier weiß auch, dass wir nicht entkommen können. Chaos regiert!  (fk)

  • Walt Whitman

    Für den Dichter Walt Whitman (Foto) war New York die “Große Stadt“, für den Fotografen Andreas Feininger war New York eine Art ultimative Heimfahrt. Die eindrucksvollsten Fotografien seines Lebens machte Feininger in der Hauptstadt der Welt. Am Bauhaus in Weimar und Dessau zum Architekten ausgebildet, war Feininger als Fotograf eher Autodidakt. Bis auf den Besuch eines Fotografie-Lehrganges in Dessau eignete sich Feininger die Technik des Fotografierens selbst an. Und der Mann langer Brennweiten brachte es in seiner Disziplin sehr weit. Unter Verwendung teilweise selbst konstruierter Technik überließ der Fotograf nichts dem Zufall. Alle seine Fotografien sind konzeptionell strukturierte und komponierte Meisterwerke, speziell seine Architekturaufnahmen. Als er 1939 nach New York kam war die Stadt noch einer der verheißungsvollsten Orte der Welt. Unter den wenigen Metropolen der Welt war New York unerreichbare Königin. Seine im Nebel liegende Freiheitsstatue, sein aus kilometerweiter Entfernung aufgenommenes Empire State Building oder sein kontrastreicher Blick auf Lower Manhattan sind zu zeitlosen Meisterwerken der Fotografie geworden. Feininger war in der Fotografie nicht so sehr an Menschen interessiert, es waren eher die Werke der Menschen und deren Wirkungen. Die von Menschen gemachte Natur in seiner Form und Struktur beschäftigten ihn zeitlebens. “Wahrheit und Klarheit der Darstellung ist eine der Haupteigenschaften aller meiner Fotos“, sagte er über seine Arbeit. Die Kritik an ihm als “gefühllosen, kalten Gehirnmenschen” wies er von sich. Seine New Yorker Stadtaufnahmen aus den dreißiger und vierziger Jahren zählen zu den großen Schätzen, die Fotokunst je hervorgebracht hat. Ende der achtziger Jahre hat Feininger im hohen Alter die Türme des World Trade Center fotografiert. Die neue Architektur der Stadt hielt er für “sauber,brutal und unmenschlich leistungsfähig“. Es ist die gleiche Unmenschlichkeit wie sie in vielen anderen Metropolen der Welt entsteht. Ob in Dubai oder Shanghai, allerorten wuchert lebensfeindliche Geschmacklosigkeit in den Himmel. Die Schönheit der alten Epoche ist für immer verschwunden, aber die Königin der Metropolen und Andreas Feiningers Fotografien werden auch das überleben. Die Ausstellung “Andreas Feininger – New York in the Forties” ist noch bis zum 18. Mai 2009 im Bauhaus-Archiv in Berlin zu sehen. (fk)

  • Im Januar 2009 wäre Heiner Müller (Foto) 80 Jahre geworden. Die anhaltende geistige Präsenz des Dichters und Dramatikers ist nicht nur als mediales Phänomen zu erklären. Die Anziehungskraft Müllers ergibt sich weder nur aus seinen Stücken noch aus seinen Gedichten. Zweifelsfrei wird davon auch viel bleiben, doch das Wesentliche seiner Wirkung speist sich aus der geistigen Freiheit seiner Gedanken. Für Müller war geistige Freiheit ein Geburtsrecht und die Welt nur Material. So analysierte und kommentierte er die Zustände ohne Rücksicht auf Verluste. Er war den bürokratischen und technokratischen Eliten in Deutschland ein Dorn im Auge. Seine fundamentale Kritik am System des Westens ärgert deren Vertreter bis heute. Die Freiheit des Westens war für Müller nur eine Simulation. Aber auch das Rußland Stalins und die untergegangenen Satellitenstaaten waren für ihn nur Material. Was das Leben in der DDR betraf, hatte er ebenfalls keine Illusionen. Über die in der DDR beliebten Plattenbauten sprach Müller von “beheizten Fickzellen“, den Mauerfall kommentierte er lapidar mit dem Satz “Zehn Deutsche sind dümmer als fünf“. Er kannte die Öde und Tristesse der Arbeiter- und Bauerndiktatur. Von den meisten Protagonisten des ostdeutschen Staates hielt der Dichter Müller nichts, dennoch war ihm Cottbus näher als Kalifornien. Den Zusammenbruch des Sowjetimperiums sah er als letzten Akt eines noch nicht geschriebenen Stückes. Nach 1989 gab es für Müller noch nur Gegenwart, die Zukunft war abgeschafft. Wenn den “Arbeitern die Hummersuppe zu den Ohren rauskommt, hat der Sozialismus eine Chance“, so Müller. Wenn er provozierend äußerte, dass Wagner der Erfinder der Filmmusik sei, so war das seine Art auszudrücken, dass der heutige Kulturbetrieb nur Schwindel ist. Einen Zirkusbesuch hielt der Dramatiker sogar für anregender als das zeitgenössische Theater. Für seine spöttischen Sozialismen wurde er von seinen Kritikern gehasst. Im Westen empfand er Ekel für die “Unschuld“, die die Leute in den Fußgängerzonen ausstrahlten. In den Schnellrestaurants sah er einen neuen Menschentypus sitzen, der “freiwillig Scheiße frißt“. Der “trübe Menschenbrei” machte ihm schwer zu schaffen und überall sah er “glückliche Idioten vor den Bildschirmen“. Hoffnung war für ihn nur der Mangel an Information und Heimat ist heute nur dort, wo die Rechnungen hinkommen. Seine vernichtende und ätzende Kapitalismuskritik trieb vielen Vertretern desselben vor Wut die Zornesröte ins Gesicht. Eine Aussage wie “Die Arbeitslosigkeit geht durchs Land wie ein neues Regime der Furcht, das keine Stasi braucht, um die Menschen einzuschüchtern.” passte nicht in die politisch korrekte Landschaft. All das, was uns heute beschäftigt, hat Müller schon in den frühen Neunzigern kommen sehen. Der klein gewachsene Mann, den die Frauen mochten, lag in vielen Dingen richtig. Sein sarkastischer Kulturpessimismus war auch immer von treffsicherer Hellsichtigkeit erfüllt. Der Skandal des Todes ist ihm früh begegnet. Bleiben werden die Summe seiner Interviews und einige seiner Gedichte. Seine ozeanischen Horizonte und assoziativen Gedankenwelten sind zeitlos. Einer wie Müller fehlt Deutschland heute schmerzlich. Eine fertige Werkausgabe gibt es bei Suhrkamp. In einem seiner Stücke heißt es zum Ende hin: “Dunkel, Genossen, ist der Weltraum, sehr dunkel!”. (fk)

  • Alex McLean

    Die Hybris des Menschen ist sein Thema. Der amerikanische Fotograf Alex MacLean gibt mit seinen Bildergeschichten der Fotografie die Seele zurück. Nach eigener Aussage interessiert den leidenschaftlichen Piloten und Abenteurer an der Fotografie die unterbewusste Information. Sein Bildband “Over – Der American Way of Life“ oder: „Das Ende der Landschaft” transportiert schockierende Botschaften. McLean fotografierte seit über 30 Jahren die USA aus der Luft. Dabei sind ihm Bilder von eindrucksvoller Zerstörungskraft gelungen. Die destruktiven Folgen menschlicher Ausdehnung und die ungeheuerliche Anmaßung des Menschen gegenüber der Natur hat McLean in bemerkenswert unprätentiösen Bildern festgehalten. Seine Bilder haben wirklich Kraft und sind zugleich schauerlich bizarr. McLean sieht sich selbst nicht als ökologischen Mahner oder Botschafter des Unterganges. Er zeigt die gnadenlose Naturzerstörung und die grenzenlose Verschwendung von Ressourcen. Expansive Urbanität, ungezügelter Mobilitätswahn und Energieverschwendung führen unweigerlich zum Kollaps. McLean weiß das. Er hat es für uns gesehen und dokumentiert. (fk)

  • Schon der französische Soziologe und Philosoph Paul Virilio versuchte zu Beginn der Achtziger Jahre in zahlreichen Schriften die Bedeutung der Geschwindigkeit und deren Auswirkungen auf die modernen Gesellschaften zu erforschen. Was Virilio, der den Begriff der Dromologie erfand, später als Zustand des rasenden Stillstandes beschrieb, kann man heute als wesentlichen Bestandteil der Zeitforschung ansehen. Der Zeitforscher und Soziologe Hartmut Rosa hat in seinen Buch “Beschleunigung – Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne” erstmals eine Zeittheorie entwickelt, die umfassend und plausibel erklärt, weshalb und warum die moderne, beschleunigte Gesellschaft zum Scheitern verurteilt ist. Rosa weiß, dass wir “die Affen eines kalten Gottes” (Marx) sind und dass das, was er Beschleunigung nennt, alles “Stehende und Ständische verdampfen“ (Marx) lässt. Der Wachstums- und Beschleunigungszwang des kollektiven Kapitalismus ist zu einer unabänderlichen Tatsache geworden, die zwanghaften Logiken des Marktes haben jegliche Ethik des Wirtschaftens ruiniert. Was Rosa “Akzelerationsdynamik” nennt, beschreibt die fatalen Folgen für das Leben in beschleunigten Gesellschaften. Die Raserei erreicht alle Bereiche des Lebens. Die Wirtschaft wird nach den Prinzipien der organisierten Kriminalität strukturiert, der soziale Kosmos erodiert und der stetig anwachsende Beschleunigungsdruck deformiert den Charakter der Menschen. Rosa weiß, dass die Beschleunigung nicht zu bremsen und zu balancieren ist. Die Gesetze der Beschleunigung kennen keine Ordnung. Den Urtrieb der Beschleunigung sieht Rosa in der Angst des Menschen vor dem Tod. Die Panik vor diesem größten aller “Optionenvernichter” treibt den Menschen gnadenlos um. Alles Unheil dieser Welt resultiert aus dieser Panik. Um sich dieser Erkenntnis zu entziehen, schlüpft der Mensch in die Rolle des Spielers oder Drifters, ohne eigene Identität und dem Bestehenden hoffnungslos ausgeliefert. Wer nicht mitspielt, wird schnell zum Exkludierten, zum Störfaktor. Was der Soziologe Jeremy Rifkin das proteische Bewußtsein nannte, wird in der beschleunigten Welt zum Status quo. Die proteische Persönlichkeit kennt keine Wahrheiten mehr, Empathie in jeglicher Form ist ihr zuwider, alles ist relativ und nichts ist wahr. Entwicklungen wie Hikikomori oder Cocooning sind nur der Prolog für das anbrechende Zeitalter des neuen Maschinen- und Ochsenmenschen, der unablässig an der eigenen Auslöschung arbeitet. Für Rosa ist der Abstieg unaufhaltsam, zu mächtig und gewaltig ist die Dynamik der Beschleunigung. Vom Dichter T.S. Eliot stammt der Gedanke, dass die Welt nicht mit einem Knall endet, sondern mit einem Wimmern. Nach der Lektüre von Beschleunigung ist dieses Dichterwort zur Gewissheit geworden. (fk)