Vom Untergang der Welt

F. Giebichenstein

Der italienische Wissenschaftsautor Lorenzo Pinna war immer schon ein Meister der Fakten und der Recherche. Das Resultat seiner jahrelangen Analysen naturwissenschaftlicher Erkenntnisse liegt jetzt als Buch vor. Mit dem Werk ist dem Autor ein desillusionierender Zustandsbericht des Raumschiffes Erde gelungen, der aufgrund der Fülle des verarbeiteten Materials und der darin enthaltenen Ideen seinesgleichen sucht. Pinna gehört keines keineswegs zu den routinierten Propheten der Endzeit, die mit Beelzebub und Fegefeuer drohen. Hysterie, Aberglauben oder vulgäre Alltagspsychologie interessieren ihn nicht. Eher ist er ein fatalistischer Chronist, der mit treffsichererer Gelassenheit den abenteuerlichen Niedergang der Welt orchestriert. Seine Hypothesen beschäftigen sich eingehend mit der Evolution des Menschen, seiner unermesslichen Ausdehnung und deren Folgen. Für Pinna ist es kein biologischer Erfolg, dass die Spezies Mensch kurz vor der nächsten Jahrtausendwende zum Herrscher über den Planeten geworden ist. Er zeigt uns die Kehrseite unseres megalomanischen Wachstums. Schon jetzt sterben täglich etwa vierzig Pflanzen- oder Tierarten. Was sich Menschheit nennt ist ein Monstrum, der Homo sapiens hat mit zunehmender Globalisierung der Zivilisation die Mechanismen, die das ökologische System der Erde regulieren, verändert.. Doch neben dem unausweichlichen Horror der Umwelt- und Naturkatastrophen lauern noch andere Gefahren. Es entstehen beispielsweise neue Epidemien und immer resistenter werdende Viren. Pinnas historisches Wissen scheint unerschöpflich. Auch subtile Zusammenhänge veranschaulicht er allgemeinverständlich. Er taucht tief hinab in die Welt der Details, es ist eine ekelhafte Reise, angehäuft mit den Grausamkeiten der Bevölkerungsentwicklung und der Barbarei der Menschheitsgeschichte. Auch Pinnas Bestandsaufnahme der modernen Welt fällt unversöhnlich aus. Chaotische Umwälzungen stehen bevor, knappe Ressourcen, Überbevölkerung vermehren die Kriege, über zweitausend Ethnien suchen nach ausreichender Nahrung und dem Wohlstand der westlichen Welt. Sollte das Schicksal unserer Gattung damit noch nicht endgültig besiegelt sein, resümiert Pinna, wartet noch die Bedrohung aus dem Kosmos. Wenn wir nicht von Kometen oder Asteroiden erschlagen werden, dann ist nach fünf Milliarden Jahren endgültig Schluss mit dem Experiment Leben. Dann nämlich erlischt die Sonne.(f.)

Lorenzo Pinna
dtv, München
1995, 253 Seiten, DM 19,80